Stromversorgung 2022 in Deutschland: Versorgungszuverlässigkeit auf sehr hohem Niveau
Deutschland verfügt über eines der zuverlässigsten Stromnetze in Europa. VDE FNN veröffentlicht dazu jährlich eine eigene Störungs- und Verfügbarkeitsstatistik. Die durchschnittliche Strom-Unterbrechungsdauer pro Kunde betrug 2022 nur 10,6 Minuten.
Sehr hohe Versorgungszuverlässigkeit aufgrund günstiger Wetterbedingungen: Nur 10,6 Minuten betrug 2022 die durchschnittliche Strom-Unterbrechungsdauer pro Kunde. Diese lag nur knapp über dem Allzeit-Bestwert von 10,2 Minuten im Jahr 2020.
Die durch den Ukraine-Krieg bedingte Angebotsverknappung bei Gas im Jahre 2022 bewirkte neben anderen Faktoren im Strom-Erstabsatzmarkt ein knapperes Stromangebot. Die vom Gesetzgeber vorgesehene Rückkehr in den Markt bzw. Verlängerung der Laufzeiten von Kohle- und Kernkraftwerken im Jahr 2022 hat dem entgegengewirkt. Zudem hat VDE FNN vor allem Netzbetreiber beim Umgang mit der drohenden Be- und Überlastung der Verteilnetze bei einer Gasmangellage unterstützt. Beides hat die Versorgungszuverlässigkeit unterstützt.
Die Stromversorgung in Deutschland ist auch 2022 weltweit eine der zuverlässigsten gewesen.
Die zunehmende Differenz zwischen installierter EEG-Leistung und Jahreshöchstlast erfordert bei Netzbetreibern noch mehr Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Netz- und Systemsicherheit. Abhilfe können ein Netzausbau sowie mehr Intelligenz in den angeschlossenen Anlagen, zum Beispiel in Form von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen in der Niederspannung, leisten.
Wie oft ist ein Kunde nicht versorgt?
Die Anzahl der Versorgungsunterbrechungen pro Stromkunde lag 2022 bei 0,25 Unterbrechungen (2021: 0,26) – inklusive der auf höhere Gewalt zurückgeführten Ereignisse. Anders ausgedrückt: Jeder Kunde ist durchschnittlich nur alle vier bis fünf Jahre von einer Stromunterbrechung betroffen.
Deutschland im internationalen Vergleich
Im internationalen Vergleich belegt Deutschland einen Spitzenplatz bei der durchschnittlichen Unterbrechungsdauer je Stromkunde. Vergleichsgrundlage ist der sogenannte SAIDI-Wert (System Average Interruption Duration Index). Er zeigt an, wie zuverlässig die Stromnetze sind.
Die Netzbetreiber sichern mit großem Aufwand die hohe Versorgungszuverlässigkeit
Die Systemstabilität ist eine entscheidende Grundlage für eine sichere und zuverlässige Stromversorgung. Durch den Umbau des Energiesystems auf erneuerbare Energien nimmt die Netzauslastung zu und der Netzbetrieb wird anspruchsvoller. Gleichzeitig verzögert sich der Netzausbau. So kommt es zu Schwankungen bei Frequenz und Spannung – vermehrt entstehen Engpässe. Um alle Kunden sicher und zuverlässig mit Strom zu versorgen und dabei vorrangig erneuerbare Energien einzuspeisen, müssen die Netzbetreiber die Engpässe beseitigen und korrigierend eingreifen. Die Aufwendungen dafür steigen seit einigen Jahren.
Verzögerter Netzausbau
Laut Monitoringbericht 2022 von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt sind von den gesamten Netzausbau-Maßnahmen nach Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG, Ausfertigungsdatum: 21.08.2009) 68 Prozent zum Ende des zweiten Quartals 2022 fertiggestellt worden, das heißt 1.248 Kilometer von geplanten 1.821 Kilometern. Von den Netzausbau-Maßnahmen nach Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG, Ausfertigungsdatum: 23.07.2013) sind zum Ende des zweiten Quartals 2022 nur 8,5 Prozent (886 km) von insgesamt 10.413 km realisiert worden. Über den konkreten Stand des Ausbaus des Höchstspannungsnetzes informiert die VDE FNN Karte „Deutsches Höchstspannungsnetz“.
Für die Anpassung von konventionellen Kraftwerken haben Netzbetreiber 2021 rund 1.479 Mio. Euro an Entschädigungen gezahlt (2020: 637 Mio. Euro). Die Entschädigungen für Erneuerbare-Energien-Anlagen schlugen 2021 mit rund 807 Mio. Euro zu Buche (2020: 761 Mio. Euro). Dieser hohe Aufwand ist notwendig, um die hohe Zuverlässigkeit der Stromversorgung zu sichern. Die gezahlten Entschädigungen sind somit gegenüber 2020 in Summe um rund 63 Prozent gestiegen.
Hauptgründe für den Anstieg der nicht wie geplant eingespeisten Strom-Mengen und deren Kosten sind hauptsächlich Nichtverfügbarkeiten von Kraftwerken, Reparaturarbeiten an einem Umspannwerk im vierten Quartal 2021 sowie die stark gestiegenen Großhandelspreise im zweiten Halbjahr 2021.
Es gibt eine zunehmende Differenz zwischen der installierten Leistung gemäß Erneuerbaren-Energien-Gesetz (installierte EEG-Leistung) und Jahreshöchstlast. Wegen der EEG-Vorrangeinspeisung, die stark schwankend ist, nehmen die möglichen Betriebsfälle zu, in denen steuernd eingegriffen werden muss. Dies äußert sich unter anderem in den steigenden Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Netz- und Systemsicherheit. Abhilfe schafft neben Netzausbau auch Mess- und Steuerungstechnik, mit der Netzbetreiber steuernd eingreifen dürfen.